Innovation in luftiger Höhe

Fiege Lagerhalle in Worms

Am FIEGE Standort Worms IDC herrscht reger Betrieb. Auf 80.000 Quadratmetern Logistikfläche schlagen unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter täglich bis zu 10.000 Packstücke mit Elektrowerkzeugen um. Im Rahmen eines Proof of Concepts (PoC) erhalten sie dabei seit Kurzem automatische Unterstützung durch selbstfahrende Flurförderzeuge.

Für Logistikunternehmen ist es wettbewerbsentscheidend, die Intensität des Warenumschlags bestmöglich zu prognostizieren. Im Wormser IDC, wo FIEGE vor allem Elektrowerkzeuge kommissioniert und distribuiert, können die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ein Lied davon singen. „Wir haben in unserem Geschäft extreme saisonale Schwankungen zu managen. In Spitzenzeiten bearbeiten wir rund 4.500 Euro-Paletten täglich“, sagt Jens Ritscher, Head of Projects der Niederlassung.

Gerade in den vergangenen Jahren sind das Auftragsvolumen und damit auch der Standort kontinuierlich gewachsen. Inzwischen erfolgt die Warenkommissionierung teilweise in bis zu zwölf Metern Höhe, was den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern einiges abverlangt. „Kompromisse bei der Prozesssicherheit kommen für uns und unseren Kunden allerdings selbstredend nicht infrage“, erklärt Ritscher.

Innovation und Erfahrung im Einklang

Herzstück im IDC ist ein weitläufiges Regallager. Um die Effizienz zu erhöhen sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu entlasten, war FIEGE Anfang des Jahres auf der Suche nach Automatisierungstechnik, die besonderen Anforderungen gerecht werden musste: „An unserer bestehenden Regalanlage mit Standard-Regalfachbreiten wollten wir keine Änderungen vornehmen. Zudem sind in den Breitgängen neben Flurförderzeugen auch viele Personen unterwegs“, schildert Jens Ritscher die zentralen Herausforderungen bei Suche nach der passenden technischen Unterstützung.

Fiege Engineering Team

Das Projektteam (v.l.n.r.): Jens Ritscher, Head of Projects IDC bei FIEGE, Jakob Stoffel, Systemberater Automation bei der Suffel Fördertechnik GmbH & Co. KG, und Jens Veltel, FIEGE Engineering. (Foto: Linde/FIEGE)

Nach einem intensiven Dienstleistervergleich entschied sich das Projektteam letztlich für ein Pilotprojekt mit Linde MH. Stärkstes Argument für den R-MATIC war dabei die langjährige Erfahrung, die der Spezialist für Flurförderzeuge auf diesem anspruchsvollen Feld vorweisen konnte. Jakob Stoffel, Systemberater Automation beim betreuenden Linde-MH Netzwerkpartner Suffel Fördertechnik sagt: „Im Gegensatz zum ohnehin dünnen Wettbewerb auf diesem Sektor sind unsere Geräte schon in der zweiten Modellgeneration unterwegs, sodass FIEGE von den Erfahrungen aus bisherigen Kundenprojekten profitieren kann.“

Arbeitssicherheit im Fokus

Zunächst erstellte das Team von Linde MH ein digitales Mapping der Lagerumgebung, anhand dessen sich der Schubmaststapler selbstständig orientieren kann. Dank der sogenannten Geonavigation kann das autonome Fahrzeug wie gefordert ohne jegliche Änderungen an der bestehenden Infrastruktur eingesetzt werden. „Wichtige Voraussetzung war zudem, dass der R-MATIC absolut sicher mit den Personen interagiert, die in den gut drei Meter breiten Regalgängen mit manuellen Kommissionierern unterwegs sind und regelmäßig seine Routen kreuzen“, erläutert Stoffel. Dafür setzt Linde auf intelligente Technik, etwa die LED-Warneinrichtung Linde BlueSpot™, Sicherheitslaser auf Fußhöhe und einen 2D-Curtain-Laser. Erkennen die Systeme ein Hindernis, wird das Gerät zunächst langsamer und bleibt im Zweifelsfall stehen.

R-Matic in einer Lagerhalle bei Fiege

Neben dem autonomen Schubmaststapler R-MATIC ist im IDC in Worms auch ein selbstfahrender L-MATIC für die Warenkommissionierung in unteren Regalebenen unterwegs. (Foto: Linde/FIEGE)

Zur zielgenauen Erfassung der Palettenmaße nutzt der R-MATIC eine autokalibrierende 3D-Kamera, wodurch selbst auf den oberen Regalebenen ein präzises Auf- und Absetzen möglich ist. Zusätzliche Sicherheit beim Arbeiten in großen Hubhöhen schafft das integrierte Assistenzsystem Dynamic Mast Control, das Mastschwingungen automatisch ausgleicht. Logistik-Experte Jens Ritscher weiß: „Für alles, was über sechs, sieben Meter geht, muss man als Mensch schon extrem erfahren sein. Insgesamt hat uns die ‚Gelassenheit‘ beeindruckt, mit der das Linde-Gerät arbeitet“.

Entscheidung macht sich schnell bezahlt

Um für das Arbeiten mit selbsttätiger Automationstechnik optimal vorbereitet zu sein, wurde das FIEGE Team in Worms umfassend geschult. „Wir wollten unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern eventuelle Vorbehalte nehmen. Schließlich geht es nicht darum, menschliche Arbeitskraft zu ersetzen, sondern unsere Kolleginnen und Kollegen angesichts des Fachkräftemangels zu entlasten“, sagt Ritscher. Bereits drei Wochen nach dem Start des Projekts wickelte der R-MATIC seine ersten Transporte ab – und das nicht in einer separierten Testumgebung, sondern unter Realbedingungen.

Die Erkenntnisse des Pilotprojekts werden nun analysiert und ausgewertet. Jens Veltel von FIEGE Engineering schildert seine ersten Eindrücke so: „Wir haben beobachtet, dass die beiden Geräte etwas langsamer ein- und auslagern als unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, dafür aber mit hoher Kontinuität punkten können.“ Für die kommende Zeit steht vor allem die Begutachtung der Geräte-Performance unter Volllast sowie bei längeren Streckentransporten auf dem Plan. „Unser Ziel ist stets, modulare Automationsansätze für die gesamte FIEGE Welt zu finden. Deshalb prüfen wir alle Parameter, die uns Aufschluss darüber geben, wie sehr wir mit einer Automation im Idealfall in die Breite gehen können.“