Kaizen in der Logistik: Prozesse aktiv gestalten und Potenziale nutzen
Wie lassen sich Arbeitsplätze effizienter gestalten und Potenziale im Detail heben?
Kaizen-Workshops sind ein zentrales Element des Lean Managements und liefern genau darauf praktische Antworten. Im folgenden Interview mit Marek Mrzyk, Leiter Lean Management bei FIEGE Schweiz, erfahren Sie:
- was Kaizen bedeutet und warum kleine Verbesserungen grosse Wirkung haben
- wie ein Kaizen-Workshop konkret abläuft und welche Tools dabei zum Einsatz kommen
- welchen Mehrwert die Methode für Logistik- und Transportprozesse bietet
- wie Mitarbeitende aktiv eingebunden werden und warum Kaizen die Unternehmenskultur stärkt
Tauchen Sie ein und entdecken Sie, wie Kaizen hilft, Prozesse gezielt zu optimieren, Arbeitsplätze ergonomischer zu gestalten und die Qualität nachhaltig zu steigern.
Letztes Mal haben wir über die Wertstromanalysen gesprochen. Heute geht es um Kaizen-Workshops. Was bedeutet Kaizen eigentlich?
Kaizen bedeutet übersetzt „Veränderung zum Besseren“. Der Begriff steht für einen kontinuierlichen Verbesserungsprozess, der tief in der japanischen Unternehmenskultur verankert ist. Dabei geht es bewusst um kleine, gut umsetzbare Verbesserungen, die sich langfristig auswirken.
Im Mittelpunkt steht die Idee, jeden Prozess regelmässig zu hinterfragen, Verschwendung zu erkennen und Abläufe so anzupassen, dass Mitarbeitende einfacher, sicherer und effizienter arbeiten können. Kaizen ist also kein Einzelprojekt, sondern ein dauerhafter Ansatz, der fest in den Arbeitsalltag integriert wird.
Wie unterscheidet sich ein Kaizen-Workshop von einer Wertstromanalyse?
Eine Wertstromanalyse betrachtet den gesamten Prozessfluss, zum Beispiel vom Wareneingang bis zur Auslieferung. Sie zeigt strukturelle Probleme, Engpässe, Verschwendung und Bereiche, in denen wir nicht im Kundentakt arbeiten.
Ein Kaizen-Workshop setzt dann ganz gezielt an einem dieser Bereiche an. Wir schauen uns einen Arbeitsplatz oder Teilprozess im Detail an und entwickeln vor Ort konkrete Verbesserungen. Während die Wertstromanalyse also Orientierung gibt, ist der Kaizen-Workshop die operative Umsetzung im Kleinen, aber mit messbarem Impact.
Warum ist das für ein Logistik- und Transportunternehmen besonders wichtig?
In der Logistik sind viele Prozesse zeitkritisch, standardabhängig und stark von der Effizienz einzelner Arbeitsschritte abhängig. Kleine Verschwendungen – ein falsch platzierter Scanner, zu weite Wege, unklare Abläufe – summieren sich im Tagesgeschäft extrem schnell.
Kaizen hilft uns, diese Details sichtbar zu machen und strukturiert zu verbessern. Dadurch steigern wir nicht nur die Geschwindigkeit, sondern auch die Prozessqualität und die Arbeitssicherheit. Gleichzeitig erhöhen wir die Zufriedenheit der Mitarbeitenden, weil ihre Arbeitsplätze funktional, ergonomisch und logisch aufgebaut sind.
Wie läuft ein Kaizen-Workshop konkret ab?
Ein Workshop dauert in der Regel drei Tage und folgt einem klaren Ablauf. Wir starten mit einer umfassenden Ist-Analyse. Dabei erfassen wir unter anderem Taktzeiten, Zykluszeiten, den Platzbedarf, die Laufwege sowie die Zieben Verschwendungsarten.
Wir beobachten 20 bis 30 Prozessdurchläufe, um belastbare Daten zu bekommen. Parallel dokumentieren wir die Arbeitsschritte im Detail. Dadurch entsteht ein sehr konkretes Bild des aktuellen Prozesses inklusive aller Abweichungen, Schwankungen und Problemstellen.
Auf dieser Basis entwickeln wir alternative Arbeitsplatzlayouts oder Materialflüsse, die wir direkt vor Ort provisorisch aufbauen und testen. Das ermöglicht schnelle Erkenntnisse und reduziert Fehlinvestitionen. Der Workshop endet mit einer vergleichenden Messung und einer klaren Liste an Massnahmen, die anschliessend umgesetzt werden.
Wer ist bei einem Kaizen-Workshop alles beteiligt?
Wir setzen bewusst auf ein interdisziplinäres Team. Dazu gehören die Mitarbeitenden, die täglich am Arbeitsplatz arbeiten, aber auch Teamleiter oder Führungskräfte, die für die Umsetzung verantwortlich sind. Zusätzlich binden wir Personen ein, die den Prozess nicht kennen.
Diese Kombination sorgt für die perfekte Mischung aus Fachwissen, Erfahrung und neutralem Blick von aussen. Gerade diese unbefangene Perspektive führt oft zu Verbesserungen, auf die man im Alltag nicht kommt.
Bilder von vergangenen Workshops bei FIEGE Schweiz
Welche Methoden und Tools setzt ihr im Workshop ein?
Wir nutzen eine Reihe erprobter Lean-Tools. Dazu gehören unter anderem:
- U-förmiges Arbeitsplatzdesign, um Wege zu reduzieren und eine logische Prozessfolge zu ermöglichen.
- 5S, das eine klare Struktur schafft und sicherstellt, dass jeder Handgriff sitzt.
- Optimierte Werkzeuganordnung, damit Werkzeuge genau dort liegen, wo sie benötigt werden: in richtiger Reihenfolge und ausreichender Anzahl.
- Ergonomische Bewertung, um Drehbewegungen, unnötiges Bücken oder schweres Heben zu minimieren.
- Analyse der Materialbereitstellung, sodass Materialien in der richtigen Menge und am richtigen Ort vorhanden sind.
- Automatisierungsunterstützung, z. B. durch Rollenbahnen, die den Materialfluss stabilisieren und entlasten.
Alle Massnahmen verfolgen das Ziel, den Arbeitsplatz so zu gestalten, dass er die Mitarbeitenden optimal unterstützt und gleichzeitig die Kundenanforderungen zuverlässig erfüllt.
Erprobte Lean-Tools für einen Kaizen-Workshop
Welche Vorteile haben unsere Kundinnen und Kunden davon?
Für unsere Kundinnen und Kunden bedeutet Kaizen vor allem eines: stabile, gut abgestimmte Abläufe. Wenn Arbeitsplätze klar strukturiert sind und Prozesse transparent definiert werden, lassen sich Anforderungen konsistent und verlässlich erfüllen.
Gleichzeitig schaffen wir damit die Grundlage, auch bei steigenden Volumen flexibel und im gewünschten Kundentakt zu arbeiten. Kaizen unterstützt uns also dabei, Leistungen stetig an veränderte Bedingungen anzupassen und eine hohe Prozessqualität sicherzustellen, unabhängig davon, wie dynamisch das Umfeld ist.
Wie stellt ihr sicher, dass die Verbesserungen nachhaltig wirken?
Nachhaltigkeit ist ein zentraler Punkt im Kaizen. Daher messen wir jede Veränderung. Wir führen die optimierten Abläufe zunächst provisorisch ein und prüfen, ob die neuen Werte tatsächlich besser sind.
Wenn die Optimierung nachweislich funktioniert, überführen wir sie in den Standard:
- Arbeitsanweisungen werden angepasst,
- Mitarbeitende werden geschult,
- Führungskräfte begleiten den Prozess intensiv,
- und wir entwickeln eine klare Struktur zur Einhaltung und Weiterentwicklung. Kaizen endet also nicht mit dem Workshop; es beginnt danach erst richtig.
Was bringt das für die Mitarbeitenden?
Mitarbeitende erleben, dass ihre Erfahrung und ihr Wissen aktiv gefragt sind. Sie gestalten ihre Arbeitsplätze mit und sehen direkt, wie sich die Verbesserungen im Alltag auswirken. Das schafft Motivation, stärkt die Identifikation mit dem Arbeitsplatz und fördert eine Kultur, in der Verbesserungsvorschläge aktiv eingebracht werden. Viele Mitarbeitende freuen sich, wenn sie merken, dass ihre Ideen sichtbar umgesetzt werden und den Arbeitsablauf vereinfachen.
Spielt Kaizen auch eine Rolle für die Unternehmenskultur?
Ja, sehr stark. Kaizen bedeutet Transparenz, Beteiligung und gemeinsames Lernen. Wenn Mitarbeitende erleben, dass ihre Ideen geschätzt werden und Veränderungen möglich sind, fördert das Vertrauen und Zusammenarbeit. Kaizen wird dadurch zu einem festen Bestandteil der Kultur; nicht als Projekt, sondern als Denkweise.
Welches Thema möchtest du in Zukunft in Kaizen-Workshops vertiefen?
Ich würde gerne das Thema 5S noch stärker in den Fokus rücken. 5S ist die grundlegende Voraussetzung für jede Form von Lean Management. Es schafft Ordnung, Klarheit und Struktur und damit die Basis für stabile und effiziente Prozesse. Ohne 5S ist langfristiges Lean praktisch nicht möglich. Für ein nächstes Interview wäre das ein ideales Thema.